Im
Jahre 1701 bestellte der preußische König Friedrich I. die Bernsteinausstattung
eines großen Zimmers im Palast in Potsdam. Der Entwurf wurde vom
Architekten Andreas Schlüter erarbeitet, und die Handwerkarbeiten wurden von
den besten Meistern aus Deutschland, Schweden, und Dänemark durchgeführt. Elf
Jahre später war das Zimmer von der Größe 10,5 x 11,5 fertig.
Es bestand aus zwölf Wandflächen und zehn
Täfelungsfragmenten, die man beliebig zusammenlegen konnte. Sorgfältig
ausgewählt und geschliffen, bildeten die Bernsteinstücke verschiedenartige
Ornamente, Reliefe, Wappen, Gesellschaftsszenen, Kerzenständer und
Armleuchterteile. An manchen Stellen wurde der Bernstein an eine silberne Folie
befestigt, um die Lichteffekte zu stärken. Das Bernsteinzimmer wurde als das
achte Weltwunder gepriesen.
1716 war der Zar Peter I. während seines Besuchs in
Preußen von diesem Meisterwerk derart begeistert, daß der König Friedrich der
Große beschloß, ihm das Zimmer als einen Beweis der Freundschaft und eine
Bestätigung des geschlossenen Bündnisses zu schenken. Der preußische König
bekam vom Zaren ein originelles Gegengeschenk, nämlich 55 extra ausgewählte
Grenadiere von sehr hohem Wuchs.
Das zerlegte Zimmer wurde nach Petersburg verschifft, wo es, nicht ausgepackt,
in Kisten bis zum Tode des Zaren lag. Erst auf Befehl der Kaiserin Elisabeth
wurde es in einem Saal des Winterpalastes zusammengelegt. Bald begann man es,
unter der Leitung des italienischen Architekten Bartolomeo Rastrelli, in das
Bernsteinzimmer zu verwandeln. Man fügte u. a. die Kandelaber für 565 Kerzen,
24 Spiegel, sowie auch Möbel und viele Bernsteingegenstände hinzu. Insgesamt
bestand das Zimmer aus über 6 Tonnen Bernstein. 1775 wurde das Bernsteinzimmer
auf Befehl der Zarin Katherina II. in den Jekaterinski Palast in Zarskoje Selo
verlegt.
Während des Zweiten Weltkriegs besetzten die
deutschen Truppen Zarskoje Selo auf ihrem Aufmarsch nach Leningrad. In dem von
Bomben beschädigten Palast fanden die deutschen Soldaten das Bernsteinzimmer,
das die Russen nicht mehr zu evakuieren vermochten. Im Sommer des
darauffolgenden Jahres wurde es in einigen zehn Kisten nach Königsberg
gebracht. Nach den massiven Luftangriffen der Alliierten auf Königsberg wurde
das Zimmer wieder zerlegt, in Kisten gepackt und in die Schloßverliese
gebracht. Obwohl man den Küster des Königsberger Museums Alfred Rohde und den
ostpreußischen Gauleiter Erich Koch verhaftete, konnte man das weitere
Schicksal des Zimmers nicht feststellen.
Tausende Amateure, sowie Beamte der polnischen,
deutschen und sowjetischen Kulturministerien, aber auch Geheimdienstagenten
suchten nach dem Bernsteinzimmer. Die Zahl der Orte, an denen man die Suche
nach dem verlorenen Schatz führte, hat schon längst die hundert überschritten.
Auf der Liste der potentiellen Orte, wo das Bernsteinzimmer verborgen sein
könnte, befanden sich die Schlösser und Berggruben in Sachsen und Thüringen, in
Königsberg (Russland), in Neringa (Litauen) und in Polen - in Schlobitten,
Heilsberg, Lötzen, Silberberg, Preußisch Holland, Bolkenhain, Schreiberhau, im
Eulengebirge, und sogar im Wrack des deutschen Schiffes "Wilhelm
Gustloff", der in der Ostsee im Januar 1945 versunken wurde.
Seit 1979 dauerten in Zarskoje Selo die
Arbeiten an der Rekonstruktion des Bernsteinzimmers. Die Künstler
verfügten über 86 Photographien des Zimmers (aus den Jahren 1859-1944), darunter
ein Farbphoto von 1917, sowie über zahlreiche Skizzen und Beschreibungen. Ein
richtiges Tempo bekamen die Arbeiten erst 1999, als die deutsche Firma Ruhrgas
AG aus Essen zum Sponsor der weiteren Rekonstruktion wurde. Heute kann man das
rekonstruierte Bernsteinzimmer im Palast der Zarin Katharina II. in Zarskoje
Selo bewundern.
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